Liepaja – Kuressaare, Estland
Also kann es am Donnerstag, 22.06., endlich weitergehen. Bereits um kurz nach sechs sind die Leinen los. Es steht ein langer Schlag nach Ventspils an. Und wieder weht so gut wie kein Wind…..1-2 Bft. aus SW, der wenigstens am Mittag für zwei Stunden auf 3 Bft. aus W auffrischt und wir zumindest ein Drittel unseres heutigen Weges segeln können. Nach 67sm und 12,5h können wir in Ventspils in der „New Yacht Marina“ festmachen. Der nächste Tag wird zum Ausruhen und Besichtigen der Stadt genutzt.
Am Samstagmorgen sind wir schon früh wieder unterwegs. Leinen los, bei Port Control abgemeldet, und schon sind wir unterwegs. Trotz teilweise richtigem Schietwetter und ziemlich ruppiger See können wir heute endlich einmal wieder segeln. Bei 4-5, später in Böen auch 6-7, Bft. aus SO können wir erst entlang der Küste, dann in den Rigaischen Meerbusen zunächst unter Vollzeug, dann gerefft, zum Ende hin nur noch mit der Genua, segeln. Es geht in Richtung Kuressaare auf der Insel Saare. Nun zieht auch noch Nebel auf! Eine ziemlich lange Anfahrt (hier hat man den Aushub des Fahrwassers einfach links und rechts von der Rinne aufgeschüttet) durch den Kanal, der ein tolles Vogelparadies geworden ist, absolvieren wir unter Motor, hier kann man wirklich nicht mehr segeln. Und, der Motor springt brav an!
Aber dann im Hafen: Nachdem ich den Motor ausgeschaltet habe, beginnt kurz darauf wieder das berüchtigte Piepen der Zündung!!! Und – der Motor lässt sich nicht mehr starten. Nun sind wir beide ziemlich bedröppelt, denken über mögliche Szenarien bis hin zum Abbruch des Törns nach. Aber das Gespräch mit dem wirklich netten und hilfsbereiten Hafenmeister gibt wieder ein bisschen Hoffnung. Er ruft am nächsten Morgen einen Elektriker aus der nahegelegenen „Exklusiv-Boote-Werft“ an, der abends kommen will.
Er kommt tatsächlich, wenn auch erst um halb neun, und ich habe zum ersten Mal nach meinen Kontakten mit Elektrikern das Gefühl, der Mann versteht was von seinem Job. Schlussfolgerung seiner Untersuchung: Durch das defekte MDI ist auch die Einheit für das Starten des Motors am Steuerstand beschädigt worden. Er telefoniert mit dem Volvo-Penta-Service in Tallin und bestellt das Ersatzteil, das in 2-3 Tagen geliefert werden soll. Daraufhin entschließen wir uns, Tallin mit einem Mietwagen zu besuchen, den wir günstig über den Hafenmeister bekommen. Dann werden wir Tallin eben per Auto und nicht mit der XIOS besuchen, sondern dann direkt von der Nordküste Estlands aus nach Finnland übersetzen.
Tage in Tallin
Wir buchen in Tallin ein Hotel und los geht es am nächsten Morgen. Die Fahrt führt uns durch sehr viel Wiesen und Wälder. Kein Wunder, ist Estland doch für seine Holzwirtschaft bekannt. Es gibt kaum Viehhaltung, zumindest sehen wir kaum Tiere auf den Weiden. Wir fahren über die Insel Saare, dann über einen Damm auf die Insel Muhu, mit der Fähre von Kuivastu rüber aufs Festland nach Virtsu. Von hier sind es noch einmal gut zwei Stunden bis Tallin.
Von unserem Hotel direkt an der Stadtmarina (hier liegt auch wieder die KIRAX) aus unternehmen wir einen Stadtbummel und erkunden diese wunderschöne Stadt. Am schönsten ist es abends ab 17.00h, wenn die Sirenen die Tausenden von Besuchern wieder zurück auf ihre Kreuzfahrtschiffe rufen. Dann kehrt eine himmlische Ruhe in der Stadt ein, und wir genießen diesen tollen Abend auf der Terrasse eines guten Restaurants. Auch den nächsten Tag machen wir – obwohl sich das Wetter verschlechtert hat – Sightseeing in dieser historischen Stadt. Wir besuchen ein jüdisches Museum, eine Galerie und eine (Freilicht-) Kunstausstellung. Am Freitagabend sind wir wieder in Kuressaare, rechtzeitig bevor Tuit der Elektriker kommt, inzwischen ist er schon „unser“ Elektriker. Er hat das Ersatzteil dabei und tauscht es zügig aus. Er isoliert nochmals alle Kabelverbindungen im Steuerstand neu und meint, dass nun alles in Ordnung sein müsste (cross-my-fingers!!!).
Kuressaare – Helsinki, Finnland
Nun steht unserer Weiterfahrt am Samstagmorgen nichts mehr entgegen. Morgens tanken wir noch schnell, dann sind wir weg. Obwohl der Wind mit 4-6 Bft. direkt auf die Nase weht und die Wellenhöhe mit 1,5-2m auch noch von vorne kommt. Nützt nix, wir müssen am kommenden Mittwoch in Helsinki sein! Also den ganzen Tag gegen an motoren, es ist ein ziemlicher Rodeo-Ritt und wir sind froh, dass wir nach 50sm und fast 11,5h in Kuivastu festmachen können. Wir staunen nicht schlecht, als wir unser Boot anschauen. Das ganze Boot ist gelb!!!
Wir sprechen mit einem estischen Segler. Der sagt, dass sei gar nicht ungewöhnlich, es sei „nur Öl“, das ganz offensichtlich in großem Stil verklappt wird. Und eine solche Sauerei in Europa, das doch sonst so auf Umweltschutz achtet. Wir bekommen das Öl auch nicht mit Shampoo weg, erst im Laufe der Zeit wird es durch Regen langsam weg gewaschen.
Kuivastu kennen wir ja schon, waren erst gestern mit dem Wagen hier. Die Hafenanlage ist ganz neu, die Sanitärräume sind aber im Bereich der Fähranlage. Doch alles piccobello, für eine Nacht sicher die bessere Alternative zu Virtsu.
Am nächsten Morgen gibt es mal wieder kaum Wind. Nur 1-2 Bft. aus N, später frischt er auf, so dass wir wenigstens mal für eine Stunde segeln können. Aber die meiste Zeit müssen wir motoren. Nach knapp 6 Stunden sind wir in Haapsalu. Ich hatte erst wegen der Wassertiefe in der Zufahrt Bedenken, diesen Hafen anzulaufen, aber es reicht. Mindestens 2,2m Wassertiefe, das reicht für uns. Es war ein entspannender Tag nach dem Ritt am Vortag und Haapsalu ist ein nettes kleines Städtchen.
Montag, 03.07., wird unser letzter Tag im Baltikum. Heute soll es nach Lohusalu gehen, das wird unser Absprunghafen für Finnland. Wir können heute endlich mal wieder segeln, auch wenn wir ab und zu den Jockel zur Unterstützung mitlaufen lassen. Nachmittags haben wir nur noch achterlichen Wind mit 2-3 Bft., aber wir machen das Groß ganz auf, setzen zur Sicherheit einen Bullenstander und machen immerhin noch 4-5kn Fahrt. Nach wenig mehr als 10 Stunden sind wir in Lohusalu, einer gepflegten Marina und essen dort im Clubhaus auch recht gut zu Abend. Ansonsten gibt es in der Umgebung nicht viel außer der Marina.
Am Dienstagmorgen legen wir erst um halb zehn ab. Bei anfangs 3, später 4-5 Bft. aus W können wir einen tollen Halbwind-Kurs segeln. Die Welle kommt zwar mit 1,5 bis 2m unangenehm von vorne, aber das kann unser Vergnügen nicht wirklich trüben. Wir machen heute im Schnitt eine Fahrt von 6,5kn über Grund.
Am Abend vorher hatte ich noch den Schiffsverkehr im Finnischen Meerbusen beobachtet und war wegen der vielen Lichter doch auf einiges für heute gefasst. Aber ganz im Gegenteil; wir sehen nur einen einzigen Tanker, und den auch nur auf dem Plotter in gehöriger Entfernung. Ansonsten keinerlei Schiffsverkehr auf dieser doch so viel befahrenen Schifffahrtsstraße. Man muss auch mal Glück haben, nach all dem Schiet, den wir bisher erlebt haben.
Um kurz vor halb fünf und 39sm machen wir in Porkkala/Dragesviken fest. Ein toller Hafen, der uns von Bootsnachbarn (ich weiß gar nicht mehr wo) empfohlen worden ist. Hier lernen wir auch, dass für jeden noch Platz ist, auch wenn man den sich schaffen muss, und dass an einer Heckboje auch mal 3 oder 4 Boote festmachen können. Eine Erfahrung, die wir später in den finnischen Häfen auch bestens anwenden können! Nach Dusche und Essen klönen wir mit den Bootsnachbarn; die KIRAX mit dem verrückten Hund Susi treffen wir auch wieder.
Am nächsten Morgen hat der eine Bootsnachbar aus Hamburg Geburtstag und lädt uns für den Nachmittag zu einer Grillparty ein, aber wir müssen heute Abend in Helsinki sein, morgen hat Inge ihren Termin. Also legen wir um kurz nach 11 ab, um den kurzen Schlag durch das Innenfahrwasser nach Helsinki zu machen. Wir können auch wieder ganz gut segeln, zwischendrin gibt es eine kleine Regatta mit einem Schwesterschiff und einer älteren Bavaria 31, dann kommen wir in das riesige Hafengebiet Helsinkis. Hier fahren wir lieber unter Motor. Ziemlich verwirrend die Betonung, die Untiefen und die umeinander rasenden Motorboote. Diese verwirren ganz offensichtlich auch unser AIS. Es piept ununterbrochen und zeigt „too much noise“ an. Ich denke, ich habe schon wieder eine neue Baustelle, kann aber am nächsten Tag vom Raymarine-Kollegen aus Hamburg beruhigt werden, der mir das mit den „Slots etc.“ erklärt. Später, als wir Helsinki wieder verlassen haben, funktioniert auch das AIS wieder ordentlich.